Beiträge von 8pM im Thema „Wie weit darf man gehen? Meinungs- und Pressefreiheit“

    Die Pressefreiheit etc in allen Ehren, aber was sich momentan in der deutschen (wie andere darüber berichten weiß ich nicht) Medienwelt abspielt ist ganz offen gesagt das aller Letzte.
    Ich meine damit nicht solche Kommentare und Witze wie oben beschrieben. Solches und anderes hat und wird es immer geben, nur kann es mittlerweile jeder der Weltöffentlichkeit preisgeben, wodurch es sehr schnell bekannt wird. Auch Shitstorms etc sind einfach logische Konsequenz solcher Handlungen. Persönlich finde ich tatsächlich den Bild-Text gar nicht so schlecht, der Adressat ist unglücklich gewählt, aber ansonsten sind es doch Fragen die so oder ähnlich bei vielen Menschen aufkommen. Einer hat die Eier sie mal niederzuschreiben. Mag sein, das dafür nicht die "richtige" Zeit ist, so kurz nach dem Absturz aber gibt es dafür so was wie "richtige" Zeit überhaupt? Die Witze scheinen Geschmacklos, aber mal ehrlich, in 10 Jahren wird man drüber lachen, auch wenns böse ist.
    Als ich damals anno 2001 in der Englisch Stunde saß meinte meine Lehrerin "God bless america"; der kleine Henning hat aber "God blast america" verstanden und musste natürlich ob dieser bösen Worte schon kichern. Das war damals das absolute nogo, letztes Jahr beim Klassentreffen kam das wieder auf und alle lachten...komisch diese Welt.
    Viel schlimmer als solche Witze, Texte etc. finde ich die Herangehensweise der deutschen Presse. Um fragen aus dem Weg zu gehen, ich will den wahrscheinlichen Selbstmörder nicht in Schutz nehmen oder ihn positiv darstellen.
    Richtlinie 8.5 des Pressekodex spricht von einer "zurückhaltenden Berichterstattung" was z.B gerade zum Schutz der Angehörigen dient. So sollte auf die Nennung des Namens verzichtet werden. Mit der Nennung des vollständigen Namens wird aus meiner Sicht der Familie des Copiloten das Recht auf Trauer entzogen. Es kommt einer Brandmarkung gleich und ich frage mich letztendlich einfach auch, wenn in so einem Fall der vollständige Name genannt werden darf, warum dann nicht auch bei Gewaltverbrechern. Nein, da steht nur immer der abgekürzte Nachname da. Und hier?
    Wie ich schon sagte haben alle Betroffenen ein Recht zum Trauern und das muss eine differenzierte westliche Berichterstattung auch gewährleisten und das auch schon im Vorfeld, bis man ein Ergebnis der abgeschlossenen Untersuchung hat.
    Zum Schluss bleibt mir nur noch darauf zu verweisen, dass der Copilot mit 27 seinem Leben und das vieler Anderer ein Ende gesetzt hat. Hier sollte auch ein Psychologe der Charité (wo ich momentan im Psychologischen Dienst als Praktikant rumgammel) der Öffentlichkeit einmal genauer beschreiben was es mit diesem Alter auf sich hat. Der berühmte Club der 27er ist ein Phänomen was nicht wirklich grundlegend geklärt ist, jedoch haben die meisten psychischen Erkrankungen mit 27 ihren Höhepunkt (wie gesagt, warum das so ist wird immer noch spekuliert, aber das es so ist ist bei Psychologen quasi Gesetz). Es ist für mich also nicht wirklich überraschend, wenn ein 27 Jahre alter Mann seinem Leben einem Ende setzt (egal wo und wie jetzt) wenn man bei ihm (oder ihr) Grundlagen für psychische "Abnormalität" findet.


    Alles in Allem geht mir diese distanzlose Berichterstattung wiedereinmal viel zu weit und ich frage mich, was sich der oder diejenigen davor versprechen. Aber 15 min. Ruhm sind ja auch was und sei es nur für ein Twitter/Facebook-Kommentar.


    Edit: im wohl aktuellen Pressekodex wurde Richtlinie 8.5 Selbsttötung (alte Version) zu Richtlinie 8.7 (neue Version; 2013)