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<p align=justify>
Paradies: Ein Mensch liebt einen anderen Menschen, und der andere erwidert dieses Gefühl. Beide sind frei, brauchen niemanden zu verlassen, sie können zusammenleben und entschließen sich auch dazu. Jeder darf beim anderen natürlich sein, braucht sich nicht zu verstellen, braucht den anderen nicht zu beobachten, zu bewachen, weil er sich ja des anderen sicher ist. Er muß sich auch nicht selbst vergewaltigen, sich nichts verbieten. Weil er in seiner Liebe immun gegen eine andere Liebe ist, lebt er in einer Beziehung, die offen ist für Vielfalt und die Wunder der Welt außen. Ja, das wäre ein Paradies. Oder?<br>
Ein Alptraum: Ein Mensch liebt sie, und er sagt es - aber er ist ihnen gleichgültig. Doch dieser Mensch (ein Mann oder eine Frau) hängt an ihren Augen und an ihren Lippen, sucht ihre Nähe und hofft und hofft und hofft, daß sie ihn wiederlieben, seine Nähe wenigstens dulden, seine Zärtlichkeiten als angenehm empfinden. Sie leben unter den Scheinwerfern seiner Gedanken und möchten so gern in Ruhe gelassen werden. Er aber will mit ihnen leben, jede zukünftige Sekunde will er sie lieben, so wie heute. Ohne sie hat sein Leben keinen Sinn, sagt er ihnen, er kann ohne sie nicht leben. Sie hätten es am liebsten, daß er sich endlich in Luft auflöst, wie nur können sie ihm verständlich machen, daß sie an etwas ganz anderes dachten, als er ihr Leben plante? Wie konnte er - so fragen sie sich - nur so viele wirre Hoffnungen schöpfen? Nun sollen sie ihn zu allem Überfluß auch noch heiraten, und sie hatten sich so auf den Krimi im Fernsehen gefreut. Statt dessen diese ermüdende Diskussion bei ihrem Lieblingswein, denn davon hat er ihnen gerade wieder ein paar Flaschen mitgebracht.<br>
Der Gegenalptraum: sie lieben einen Menschen. Sie könnten seine Augenfarbe beschreiben bis zu den feinsten gelben Sprenkeln. Seine Stimme macht ihnen Herzklopfen, alle kleinen Schwächen machen ihn nur noch liebenswerter, zeigen sie ihnen doch, daß er auch menschliche Züge trägt, nicht nur göttliche. Ein ganzes Leben mit diesem Menschen verbringen, jeden Abend im selben Bett einschlafen und jeden Morgen neben ihm aufwachen, das wäre das Ende des langen Suchens. Nun endlich haben sie Ihre andere Hälfte gefunden. Und wie zurückhaltend der andere Mensch ist, als ob er gar nicht merkt, was in ihnen vorgeht, wie bescheiden und taktvoll. Sie werden es einfach riskieren und ihm sagen, daß sie ihn lieben und daß ohne ihn auf der ganzen Welt alles unwichtig ist, ja, daß sie ohne ihn nicht leben wollen. Sie meinen das nicht als Drohung, nein, nur als Ausdruck Ihrer innersten Wahrheit. Nun legen sie ihr Leben in seine Hände. Und er fragt sie: Hast du vorhin die Programmvorschau mitgekriegt? Ich hab' sie nähmlich nicht verstanden, du hast da gerade etwas erzählt. Übrigens, die nächste Zeit werde ich gar keine Zeit mehr haben nach der Arbeit, und ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll: Wir sollten uns nicht mehr als nötig sehen.<br>
Am Ende dieses Alptraumes finden sie sich auf der Straße wieder, nachts, allein. Am liebsten würden sie sich in Luft auflösen, wenigstens unsichtbar um ihn sein, wenn er sie leibhaftig schon nicht will. Aber vielleicht will er sie doch, sie haben ihm nur noch nicht die Möglichkeit gegeben, wirklich an ihre Liebe zu glauben. Es gibt doch gar kein Hindernis. Warum sollte er sich nicht umstimmen lassen? Morgen werden sie alles anders machen. Die Hoffnung, die Enttäuschung, die Hoffnung, die Enttäuschung, das ist der wirkliche Alptraum.<br>
Ich behaupte, jeder von uns hat beide Alpträume schon durchlitten und hofft inständig, sie mögen sich nie wiederholen oder gar fortsetzten.<br>
<br>
„Danke“,
„Bitte“,
„sehr“,
„schön“.
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